Das Ziel des hier beschriebenen spirituellen Übungsweges ist eine ganz besondere und wunderschöne Erfahrung. Sie ist allerdings notorisch schwer in Worte zu fassen. Man kann sich nicht vorstellen, wie es ist, diese Erfahrung zu machen, denn sie entsteht genau dann, wenn der Teil des Geistes schweigt, der sich vorstellt, wie es wäre, jemand zu sein, der eine bestimmte Erfahrung macht.

Wer trotzdem versucht, diese Erfahrung in Worte zu fassen, wird in Konzepten sprechen, die ihm von seinem spirituellen Weg her bekannt sind. Ein Christ wird von Gott sprechen, ein Buddhist von Erleuchtung und ein unreligiöser Mensch z.B. vom Einssein mit dem Universum. Das ist alles richtig, aber führt unweigerlich zu Missverständnissen in Menschen, die diese Erfahrung noch nicht selbst gemacht haben.

Um solchen Missverständnissen vorzubeugen, beschreibe ich das Ziel des Weges gern anhand vier seiner wesentlichen (und wesentlich leichter beschreibbaren) Aspekte: innere Ruhe, Vitalität, Lebensfreude und Freiheit. Falls Ihnen das nicht reicht, lesen Sie nachfolgend meinen Versuch einer direkten Beschreibung des Ziels.

Als erstes sei gesagt, dass sich das Glück zum Leid verhält, wie die Sonne zu den Wolken. Wenn das Leid verschwindet, scheint das Glück durch. Leid entsteht durch die Vorstellung, etwas zu sein, das Widerstand erfährt. Wer oder was sind Sie? Ein Bäcker, ein Arzt, ein Busfahrer, ein Programmierer? Ein Österreicher, ein Deutscher, ein Japaner? Ein Vater, eine Mutter, ein Kind? Ein Mann, eine Frau, ein diverses Geschlecht? Ein Mensch? Ein Lebewesen? All diese Dinge erfahren Widerstand. Sich damit zu identifizieren verinnerlicht diesen Widerstand und innerer Widerstand ist Leid. Wenn sich die Perspektive auf das Leben so ändert, dass man erkennt, dass die Person, die man zu sein glaubte, lediglich der Protagonist einer Lebensgeschichte ist, dann endet alles Leid bezogen auf diesen Protagonisten und man erfährt eine große Befreiung. Es ist wie, wenn man bemerkt, dass man träumt. Je stressvoller der Traum, desto größer die Befreiung. Aufgrund der Ähnlichkeit der normalen Lebensperspektive zum Träumen wird das Ziel auch manchmal als "spirituelles Erwachen" bezeichnet.

Es handelt sich bei diesem Erwachen eigentlich nur um eine ganz kleine Änderung der Perspektive - aber eine kleine Änderung mit großer Wirkung. Jetzt gerade sind Sie vermutlich eine Person, die diese Worte liest. Wo war diese Person, bevor Sie geboren wurden? Was passiert damit, wenn Sie irgendwann sterben? Die verschiedenen Religionen der Welt bieten unterschiedliche Antworten auf solche Fragen. Das Ziel der Spiritualität erfordert aber keinen Glauben, sondern muss erlebt werden. Aus der "wachen" Perspektive ist da ein allgegenwärtiges Bewusstsein, manifest in allen Wesen der Welt, durch die es sich in unendlicher Mannigfaltigkeit selbst begegnet. Das, was diese Worte gerade wirklich liest, hat sie woanders zu anderer Zeit selbst geschrieben. Warum? Haben Sie schonmal eine Geschichte gelesen oder einen Film geschaut, der so emotional aufwühlend war, dass Sie eine Pause brauchten? Sie klappen das Buch zu bzw. pausieren den Film und tanken eine Dosis Realität. Wow! Was ein Abenteuer! Spirituelles Erwachen ist exakt die gleiche Erfahrung für Ihre Lebensgeschichte. In dem Moment, in dem Sie aufhören, sich mit dem Hauptcharakter Ihrer Lebensgeschichte zu identifizieren, erkennen Sie Ihren individuellen Körper und Geist - genau wie alle anderen Körper und Geister - als eine einzigartige Perspektive des Lebens auf sich selbst. Wow! Was ein Abenteuer! Willkommen zuhause.